Freitag, 3. Februar 2012

Ready for Freedom ?

This is the first guest post on Antichris. It is a short article including interview about the German Pirates, who claim to strengthen the civil rights. I'm sorry for not having the time to translate it for my english speaking readers.


Bereit zur Freiheit?
Berlin, 12. Januar 2012 von Philipp Rupp
 
Die Piratenpartei hat sich die Stärkung der Bürgerrechte auf die Fahne geschrieben. Die Freiheit der Menschen soll vor staatlichen Eingriffen geschützt werden. Ein zunächst kaum streitbares Ziel. Doch wie viel Freiheit wollen die Menschen tatsächlich? Im Gespräch mit einem Piraten.
 
Die Piratenpartei sieht die Freiheit vor allem durch eine zunehmende Kontrolle des Staates in Form von Online-Durchsuchungen, Erfassung und Speicherung persönlicher Daten und den Tendenzen zur Zensur im Internet gefährdet. Aber auch die aktuell praktizierte Drogenpolitik und Familienpolitik halten die Piraten für eine Beschneidung der Selbstbestimmung. Abwegig ist das nicht. Ist es wirklich Sache des Staates, zu entscheiden, welche Substanzen ein Bürger konsumieren darf und welche nicht? Ist es Sache des Staates, die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Menschen zu bewerten, beispielsweise durch steuerliche Begünstigung der Ehe? Jedoch ist der Staat in einer Demokratie keine vom Volk losgelöste Institution. Entscheidungen werden durch gewählte Repräsentanten getroffen. Die Bürger haben die Einschränkungen in ihrer Selbstbestimmung also auch selbst zu verantworten.




Es ist Dienstagabend, kurz nach 20.00 Uhr. Alexander Spies, Abgeordneter der Berliner Piraten, kommt direkt aus einer Besprechung und ist leicht außer Atem, als er in der Lobby des Abgeordnetenhauses in Berlin Platz nimmt und seine LIDL-Tüte neben den stilvollen Sitzgelegenheiten aus schwarzem Leder abstellt. Gehetzt wirkt er nur in den ersten Sekunden. Er liegt mit seinen 56 Jahren deutlich über dem Altersdurchschnitt seiner Parteigenossen und verfügt über eine etwas gesteigerte Leibesfülle. Als das Gespräch beginnt, strahlt er sofort eine angenehme Ruhe aus. Er antwortet ausführlich und mit Bedacht. Die nötige Ausdauer für politische Debatten fehlt ihm offensichtlich nicht und so nimmt das Interview auch deutlich mehr Zeit in Anspruch, als ursprünglich geplant. Es folgt ein Auszug.




Laut der Kandidatenvorstellung auf der Website der Berliner Piraten ist Ihre politische Motivation die „Erkenntnis, dass Grundrechte ausgehöhlt, Menschenrechte mit Füßen getreten und Mitmenschlichkeit der Profitgier geopfert“ wird. Würden Sie das kurz erläutern?

Nun, das ist ein bisschen schlagwortartig formuliert.

 
Plakativ?

 
Plakativ, genau. Ich will das jetzt auch gar nicht zerreden. In alltäglichen Situationen müssen sich die Menschen oft fragen: „Bin ich jetzt solidarisch, helfe jemandem und riskiere vielleicht sogar etwas dabei oder denke ich jetzt nur an mich?“

 
Der alltägliche Konkurrenzkampf?

 
Der alltägliche Konkurrenzkampf, ja. Und da haben wir heute eine Gesellschaft geschaffen, in der sich die Menschen im Zweifel immer öfter für die Ellbogen entscheiden. Und das ist eben die Grundkritik, die ich da äußern wollte, also ohne jetzt lehrermäßig auf bestimmte Werte abzustellen: „Ihr solltet aber so oder ihr solltet so...“. Das ist einfach eine Entwicklung, der ich entgegensteuern möchte.

 
Alle lieben die Freiheit. Was genau steht einer wirklich freiheitlichen Gesellschaft mit größtmöglicher Selbstbestimmung denn dann überhaupt im Weg?



Nun, es ist ganz klar, wenn man eine freiheitliche Gesellschaft will, das ist eigentlich eine Binsenweisheit, dann muss man eben gewisse Gefährdungen, die damit verbunden sind, auch in Kauf nehmen. Ein großes Problem ist auch eine gewisse, natürliche Faulheit des Menschen. Ich habe das früher immer so formuliert: Ich kann mir eigentlich nur vorstellen, dass Diktaturen oder Oligarchien deshalb entstehen, weil die Menschen einfach zu faul sind, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Weil sie eben einfach irgendwann ihre Freiheit dafür aufgeben, dass sie sich einigermaßen sicher und bemuttert fühlen, ohne dafür wirklich viel tun zu müssen. Die Freiheit ist immer anstrengender.


 
Kaum ein Bürger wünscht sich Kontrolle und Bevormundung durch den Staat. Wie konnte es dann, angesichts demokratischer Wahlen, überhaupt dazu kommen?

 
Naja, ich möchte das mal anders formulieren. Es kommt immer darauf an, wie man die Leute fragt. Wenn man die Leute fragt: „Willst du bevormundet werden, willst du kontrolliert werden?“, dann sagen alle: „Nein!“, aber wenn man sie umgekehrt fragt: „Möchtest du bevormunden, möchtest du kontrollieren?“, dann erhält man oft eine andere Antwort. Das ist immer eine Frage der Perspektive. Das, was man für sich selbst vielleicht ablehnt, das mutet man anderen ganz selbstverständlich zu, solange es einen selbst nicht betrifft. Das ist das St. Florian-Prinzip, das jeder irgendwo ein bisschen lebt.


Die menschlichen Eigenschaften, die sie beschreiben, sind nicht besonders erfolgversprechend für freiheitliche Gesellschaftsmodelle.


Das ist natürlich nur eine Seite des Menschen. Und das Wichtigste was man von den Menschen fordern muss, ist die Freiheit, das ist eigentlich ganz einfach. Es liegt dem Menschen in der Wiege, dass er einfach unheimlich gerne frei sein möchte. Das ist ein innerer Drang und ich appelliere, diese Energie, die darin steckt, für den Menschen und die Gesellschaft zu gewinnen. Dadurch hat jeder Mensch eine Motivation, die Anstrengungen, die mit der Freiheit verbunden sind, zu leisten.





Für den inneren Drang zur Freiheit, den Alexander Spies anspricht, gibt es sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart zahlreiche Belege. Ereignisse, wie die Französische Revolution oder ganz aktuell der Arabische Frühling, zeigen, dass Menschen bereit sind, ihr Leben im Kampf für die Freiheit zu riskieren und zu opfern. Dennoch ist die Haltung der Menschen zur Freiheit kontrovers. Hat ein Volk sie einmal erreicht, ist es offenbar bereit, sie schrittweise wieder abzugeben. Als Gründe nennt Spies im Wesentlichen Bequemlichkeit, Konkurrenzdenken und ein auf Ängsten basierendes Misstrauen anderen gegenüber. Dass diese Ängste und dieses Misstrauen schrittweise dazu führen können, dass der Wunsch nach Kontrolle und Überwachung zunimmt und so die Freiheit einzelner immer mehr beschnitten wird, liegt nahe. Besonders dann, wenn den Menschen die primäre Durchsetzung eigener Interessen vorgelebt wird.

Die Piraten wollen diesen Entwicklungen mittels staatlicher Transparenz, dem Zurückstutzen gewucherter Kontrollmechanismen und der Stärkung der Bürgerrechte entgegenwirken. Viele sehen in den Piraten jedoch nicht mehr als idealistische Fantasten. Das wiederum ist allerdings keine ungewöhnliche Reaktion auf neue Ideen und Ansätze. Spies jedenfalls scheint sich der Schwächen der Menschen und den damit verbundenen Problemen durchaus bewusst zu sein.

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